Make Antirassismus Great Again. God bless you.

Make Antirassismus Great Again. God bless you.

Leute da draußen! Glaubt mir bitte, es war gut, dass Hillary Clinton die US- Wahl nicht gewonnen hat. Aus zwei Gründen.
1.
Spätestens seit dem 11. September 2001 erleben wir auf der Welt eine miese Stimmung. Die Weltlage ist unübersichtlich. Zunächst wurde der Feind im Iran, Afghanistan oder Irak vermutet. Dann wurde die Lage unübersichtlich. China erreichte durch sein unerhörtes Wirtschaftswachstum und seine gigantische Produktivität ökonomische Dominanz in der Welt. Russland wiederum verlor an Wohlstand und machte das mit politischem Chauvinismus, inklusive Krieg gegen Tschetschenien, Ukraine und Kriegsbeteiligung in Syrien wett. Die Türkei verlor beides. Wirtschaftliche und politische Macht. Terrorismus ist eine daraus resultierende Folge. Flucht und Vertreibung eine andere.
Einstige Diktaturen wurden gestützt und wandelten sich in politisch und parlamentarisch legitimierte Diktaturen, siehe arabischer Frühling. Zudem vollzog sich in den westlichen Staaten ein schleichender Rassismus gegenüber einer Gruppe, die eigentlich keine geschlossene Gruppe ist, nämlich den Muslimen. Ganz gleich in welches europäische Land man schaut oder auch nach Amerika, stets heißt die Lösung: Abschottung gegen Muslime im In- und Ausland. Wer immer diese Karte spielt, gewinnt an Wählerzustimmung.
Man nennt es natürlich nie Rassismus, weil Religionszugehörigkeit keine Rasse definiert. Aber gut, was ist schon Rasse? Gibt es genau genommen auch nicht, weshalb der Begriff Rassismus ohnehin unpräzise ist. Was überdies alles neuerdings als Muslim abgestempelt wird, obwohl es sich gar nicht darum handelt, steht ohnehin auf einem anderen Blatt.
Stets schwingt bei allem die diffuse Sehnsucht nach Einem der aufräumt. Der endlich aufhört zu reden und statdessen handelt. Am besten breitbeinig, entschlossen und konsequent an rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien vorbei.

Und jetzt haben wir ihn. Donald J. Trump. Er wird der nächste Präsident der Vereinigten Staaten und er wird enttäuschen. Von Rassisten und Nationalisten ging nämlich noch nie etwas Gutes aus. Ehrlich. Never! Manche müssen das aber wieder am eigenen Leib spüren und sehen, weil politische Abstraktionsfähigkeit den Völkern dieser Erde konsequent abtrainiert wurde. Der politische Diskurs ist an Niveau kaum mehr zu unterbieten. Das gilt auch für Deutschland. Für überall. Man spricht nur noch in Claims, als gelte es Tabs für die Geschirrspülmaschiene zu verkaufen.

2.
Ich habe die Wahlnacht damit verbracht mir durchzulesen, was Hillary Clinton 2008 eigentlich machte. Da trat sie gegen Barack Obama als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten an. Sie war die erste, die es wagte Barack Obama, der bis dahin seine Hautfarbe nicht thematisierte, als »Young African-American with such a great potential« zu markieren. Sie machte aus ihm einen schwarzen Kandidaten, weil ihr in ihrer politischen Einfallslosigkeit nichts anderes einfiel. Kurz vor knapp schaltete sich dann auch noch ihr Ehemann Bill Clinton ein und gab ihr Wahlkampfhilfe. Für eine Frau, die für eine akademische, feministische Elite wählbar sein möchte, ein Desaster. Ihr Geld, ihre Kampagne, ihre Ideen verpufften, weil nichts davon bis zum Ende des Wahlkampfes übrig blieb. Sie war so überzeugt davon, dass sie gegen den »Afro« gewinnen würde, dass die Sache am Ende gründlich schief ging. Immerhin schenkte ihr »der Schwarze mit Potenzial« einen Ministerposten. Without that wäre sie heute nothing!

Den Vogel schoss sie aber bei diesem Wahlkampf ab. Sie eierte sich erneut inspirationslos durch ihre Veranstaltungen und riss dabei immer riesig Mund und Augen auf. Michelle Obama sprang irgendwann ein und hielt die Reden, die sie hätte halten müssen. Es ging so weit, dass an die Wände ihrer Wahlkampfhallen Sprüche eingeblendet wurden, die Michelle erfand. Es war, als trat Michelle an und nicht Hillary, die wie ihre Assistentin wirkte. Einmal wurde ihr die Situation selber bewusst und sie konnte nur noch ins Mikrofon stammeln: »Ist sie nicht inspirierend?«. Man dachte: ja! Mehr als du es je sein wirst. Ganz am Ende kam Barack Obama auf die Bühne, umarmte sie und bettelte Amerika an, diese Frau doch bitte zu wählen. Das geschah 48 Stunden vor der Wahl.

Für den Rassismus in den Vereinigten Staaten, für das konsequenzlose Erschießen von schwarzen Jugendlichen, für die Segregation der Bevölkerung in Schwarz und Weiß, in Latino und Amerikaner, Christ und Moslem fand sie keine Worte. Nicht ein einziges Mal. Weil die Welt der Vielfalt und Diversität nicht die ihre ist. Dafür kann sie natürlich nichts. Aber sie kann etwas dafür, dass sie und ihr Mann seit Jahrzehnten an der politischen Macht sind und keine geeignete Ansprache für Minderheiten finden. So jemand muss das alles doch nicht auch noch als Präsidentin beweisen!
Was aber macht Hillary Clinton noch Stunden nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse? Sie taucht ab. Schmollt. Entschuldigung, aber das ist nicht mein Verständnis von einer modernen, berufstätigen, klugen Frau. Das ist das Getue eines verwöhnten Mädchens, wie es genau dem Klischee entspricht, dass Trump ständig über sie erfand.

Ich meine es von ganzem Herzen. Es ist unser aller Glück, dass sie es nicht doch knapp geschafft hat Präsidentin zu werden. Gegen Rassismus tritt man nicht so an! Anders wird es die Welt nämlich nicht lernen.

Ich sage nur: Make Antirassismus Great Again. God bless you.
Mely Kiyak
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